München: Viktualienmarkt

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Der Schrannenplatz

Ludwig der Bayer bestätigte München 1315 die Marktrechte unter der Auflage, den (heute als Marienplatz bezeichneten) Marktplatz nie zu bebauen. Gleichzeitig verlegte der spätere Kaiser die Fleischbänke – wo nicht nur verkauft, sondern auch geschlachtet wurde – vom Markt zum damals noch existierenden Angerbach östlich der Peterskirche.

Auf dem zentralen Platz in München, der von 1296 bis 1854 Schrannenplatz hieß, bauten aber nicht nur die Händler ihre Marktstände auf, sondern es fanden dort auch Ritterturniere, festliche Empfänge und öffentliche Hinrichtungen statt. Die 17-jährige Therese Kaiser wurde noch 1701 auf dem Schrannenplatz als angebliche Hexe mit dem Schwert enthauptet.

Weitere Märkte in München

Parallel zu den Marktständen auf dem Schrannenplatz gab es im Mittelalter einen Viehmarkt weiter südlich, am heute → Rindermarkt genannten Platz. Und die Straßenbezeichnung → »Rossmarkt« erinnert an den bis 1826 dort betriebenen Pferdemarkt. Das heutige Altheimer Eck hieß bis 1827 »Am Saumarkt«, weil dort im 16. Jahrhundert ein Schweinemarkt abgehalten wurde.

Weitere Lagerplätze vor allem für Kohle, Bau- und Brennholz gab es bis Ende des 19. Jahrhunderts bei den Floßländen an der Isar.

Für den Salzhandel, der bei der Gründung Münchens die entscheidende Rolle gespielt hatte, war der Schrannenplatz bedeutungslos. Nach der Stadtgründung hatte man das »weiße Gold« wohl noch auf dem zentralen Marktplatz gelagert, aber nachdem ein Salzstadel beim → Isartor vom Hochwasser weggespült worden war, baute man zu Beginn des 15. Jahrhunderts an der damaligen Kreuzgasse (heute: → Promenadeplatz) vier Salzstadel. 1587 hob Herzog Wilhelm V. die lukrativen Salzprivilegien der Stadt München auf und begründete stattdessen ein herzogliches Salzhandelsmonopol. 1778/79 brach man die Salzstadel ab. Im 19. Jahrhundert gab es zwar noch einen königlichen Salzstadel in der Salzstraße (heute: Arnulfstraße), aber durch die Industrialisierung wurde das Luxusgut Salz zum billigen Alltagsprodukt, und die Salzprivilegien verloren ihren Wert.

Am Anger (heute: → Sankt-Jakobs-Platz) wurde 1310 erstmals eine Jakobi-Dult veranstaltet. 1796 verlieh Kurfürst Karl Theodor dem Münchner Vorort Au das Privileg, zweimal im Jahr eine Dult abzuhalten. Inzwischen findet die → Auer Dult dreimal im Jahr statt.

Viktualienmarkt und Schrannenhalle

Weil der Schrannenplatz zu klein wurde, zog 1802 ein Teil des Münchner Markts auf das Areal des 1777 aufgelassenen und 1789 eingeebneten Friedhofs von St. Peter. Und 1807 ordnete König Max I. Joseph an, den Markt für Agrarprodukte mit Ausnahme von Getreide auf das Gelände zwischen der Heilig-Geist-Kirche und der Frauenstraße zu verlegen. Zu diesem Zweck riss man die bei der Säkularisierung von der Stadt erworbenen Benefizhäuser des Heilig-Geist-Spitals ab. So entstand der Marktplatz, für den später die vom lateinischen Wort »victualia« (Lebensmittel) abgeleitete Bezeichnung »Viktualienmarkt« aufkam.

1851 bis 1853 errichtete der Architekt Karl Muffat (1797 – 1868) die zunächst an allen Seiten offene, mehr als 400 Meter lange und 23 Meter breite Maximilians-Getreide-Halle (Schrannenhalle), damit der Getreidemarkt vom Schrannenplatz dorthin verlegt werden konnte. Es handelte sich um das erste Eisenbauwerk in München und galt als technische Meisterleistung. 1871 wurden Seitenwände aus Glas eingezogen.

Der Schrannenplatz, der seinen Namen 1296 aufgrund des Getreidemarkts erhalten hatte, wurde 1854 in Marienplatz umbenannt.

1823 bis 1829 hatte man den Viktualienmarkt bereits erweitert. 1851 und 1853 zerstörten Isar-Hochwasser das Areal, das daraufhin saniert werden musste. Erste Holzbuden errichtete man 1870 auf dem Viktualienmarkt. Nach immer weiteren Abtragungen der Gebäude des Heilig-Geist-Spitals ‒ 1885 wurde auch das Heilig-Geist-Spital selbst abgerissen ‒ erreichte das Gelände des Viktualienmarkts 1891 den heutigen Umfang.

Zusätzliche Viktualienmärkte entstanden 1828 auf dem → Salvatorplatz im Kreuzviertel, 1891 auf dem → Wiener Platz in Haidhausen (»Wiener Markt«) und 1903 auf dem → Elisabethplatz in Schwabing. (Der Markt auf dem Salvatorplatz wurde allerdings 1906 wieder aufgegeben.) Der 1907 eröffnete → Pasinger Viktualienmarkt, der 1930 an seinen heutigen Platz verlegte wurde und 1937 eine Markthalle erhielt, blieb auch nach der Eingemeindung Pasings (1938) bestehen und brauchte seinen Namen nicht zu ändern.

Der 1910 vom Bildhauer Ignatius Taschner gestaltete Fischerbuberl-Brunnen plätscherte ursprünglich auf dem Viktualienmarkt. 1934 wurde die Original-Figur durch einen Abguss ersetzt, und beim Wiederaufbau der Schrannenhalle versetzte man den Brunnen auf den Wiener Platz.

Georg Müller: Bären-Brunnen Elisabethplatz Schwabing
Hans Osel: Marktbrunnen auf dem Pasinger Viktualienmarkt

Georg Müller: Bären-Brunnen (1936) auf dem Elisabethplatz in Schwabing
Hans Osel: Marktbrunnen (1938) auf dem Pasinger Viktualienmarkt

Der zum Viktualienmarkt gehörende Blumenmarkt gab der Blumenstraße 1874 ihren Namen. Die Blumenfrauen und -mädchen waren mehrmals umgezogen: 1782 zur Rosengasse, 1803 zum Alten Peter, 1832 auf den Viktualienmarkt, 1843 in die damalige Taschenturmgasse und 1885 auf die Terrasse über den 1880 von Arnold von Zenetti (1824 – 1891) realisierten neugotischen Bau der Metzgerzeile. (Inzwischen werden Blumen wieder im Südwesten des Viktualienmarkts angeboten.)

1893 entwarf der Baurat Wilhelm Rettig eine 8000 m² große neubarocke Zentralmarkthalle. Die sollte südwestlich des Viktualienmarkts gebaut werden, aber das Projekt wurde nicht realisiert. Stattdessen eröffnete die Stadt München 1912 die Großmarkthalle in Sendling.

Nachdem der Getreidehandel vom Angerviertel nach Sendling verlegt worden war, demontierte man zwischen 1914 und 1927 Teile der Schrannenhalle. 1932 brannte es dort, und nach dem Zweiten Weltkrieg stand nur noch der nördliche Kopfbau, in dem billiges Fleisch verkauft wurde (»Freibank«).

Aufgrund der Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg gab es zunächst Bestrebungen, auf dem Gelände des Viktualienmarkts Wohnhäuser zu bauen, aber stattdessen wurde der Markt wiederbelebt.

Die Trambahn (»Kohlrabi-Express«), die ab 1896 ‒ zunächst von Pferden gezogen, ab Ende 1897 elektrisch betrieben ‒ quer über den Viktualienmarkt fuhr, stellte 1960 ihren Betrieb ein.

Der heutige Viktualienmarkt

Seit 1969 gibt es auf dem Viktualienmarkt einen Münchner Biergarten mit mehr als tausend Plätzen, dessen Bierangebot alle paar Wochen zwischen Hofbräu, Augustiner, Spaten, Paulaner, Löwenbräu und Hacker Pschorr wechselt.

Ende Dezember 2025 stellte die Stadt München eineinhalb Millionen Euro für die Vorplanung der überfälligen Sanierung des Viktualienmarkts zur Verfügung. Die soll ab Ende 2027 bei laufenden Betrieb in »Trippelschritten« (Süddeutsche Zeitung, 4. Dezember 2025) stattfinden.

Brunnen auf dem Viktualienmarkt

Frisches Wasser ist für Marktstände wichtig. Ursprünglich durchflossen sieben kleine Bäche den Viktualienmarkt. Heute gibt es dort außer zwei Trinkwasserbrunnen – dem »Kartoffelbrunnen« und dem »Honigbrunnen« – ein halbes Dutzend Brunnendenkmäler.

Fischmarktbrunnen

1831 baute man auf dem Viktualienmarkt einen Laufwasserbrunnen. Der Steinmetzmeister Franz Höllriegel (1794 – 1858) formte diesen → Fischmarktbrunnen. Aufgrund von Umgestaltungen am Viktualienmarkt wurde der Brunnen 1895/96 an die Ecke Dachauer Straße / Gabelsbergerstraße gebracht. Und weil 1958 damit begonnen wurde, die Straßen dort zu verändern, musste der Fischmarktbrunnen noch einmal weichen. Seit 1961 steht der vom Steinmetzbetrieb Oppenrieder restaurierte oktogonale Brunnen auf der dreieckigen Grünfläche zwischen Sandstraße, Josef-Ruederer-Straße und Dachauer Straße in der Maxvorstadt.

Franz Höllriegel: Fischmarktbrunnen
Franz Höllriegel: Fischmarktbrunnen

Karl Valentin und Liesl Karlstadt

Zu Ehren des Münchner Komikers, Volkssängers, Autors und Filmproduzenten Karl Valentin (bürgerlich Valentin Ludwig Fey, 1882 – 1948) gestaltete der Bildhauer Ernst Andreas Rauch* einen Brunnen, der 1953 von Valentins langjähriger Bühnenpartnerin Liesl Karlstadt auf dem Viktualienmarkt enthüllt wurde. Liesl Karlstadt (bürgerlich: Elisabeth Wellano, 1892 – 1960) starb am 27. Juli 1960 bei einem Ausflug in den Alpen an einem Gehirnschlag. Am ersten Jahrestag ihres Todes drehte ihre Schwester den vom Münchner Bildhauer Hans Osel (1907 – 1996) geschaffenen Liesl-Karlstadt-Brunnen auf.

*) Mehr über Ernst Andreas Rauch im Album über Kunst im öffentlichen Raum

Viktualienmarkt: Karl-Valentin-Brunnen
Karl-Valentin-Brunnen
Viktualienmarkt: Karl-Valentin-Brunnen
Viktualienmarkt: Liesl-Karlstadt-Brunnen

Karl-Valentin- und Liesl-Karlstadt-Brunnen

Album über das Valentin-Karlstadt-Musäum

Weiß Ferdl, Ida Schumacher, Roider Jackl

1953 wurde der von Josef Erber* gestaltete Brunnen zu Ehren des Münchner Volkssängers und -schauspielers Weiß Ferdl (Ferdinand Weißheitinger, 1883 – 1949) von seiner Witwe aufgedreht.

Marlene Neubauer-Woerner* schuf 1977 den Brunnen für die Komödiantin und Schauspielerin Ida Schumacher (1894 – 1956).

Der »Roider Jackl« (Jakob Roider, 1906 – 1975) war ein bayerischer Volkssänger. Ihm zu Ehren gestaltete Hans Osel* nach dem Liesl-Karlstadt-Brunnen einen weiteren Brunnen, der 1977 ebenfalls auf dem Viktualienmarkt enthüllt wurde.

*) Mehr über Josef Erber und Hans Osel im Album über Brunnen und über Marlene Neubauer-Woerner im Album über Kunst im öffentlichen Raum

Elise Aulinger

Anton Rückel entwarf die Bronzefigur der in der Blumenstraße geborenen Münchner Volksschauspielerin Elise Aulinger (1881 – 1965), und Eugen Kiesel stiftete den Brunnen, der 1977 auf dem Viktualienmarkt enthüllt wurde.

Die heutige Schrannenhalle

1978 entdeckte der Architekt und Stadthistoriker Volker Hütsch, dass die Stadtwerke München noch über ein 110 Meter langes Bauteil der ehemaligen Schrannenhalle verfügten. Im Sommer 2003 begann der Wiederaufbau am ursprünglichen Platz im Angerviertel, und am 5. September 2005 wurde die Schranne als Halle für mehrere kleine Geschäfte und gastronomische Betriebe neu eröffnet. Die Betreibergesellschaft musste 2009 Insolvenz anmelden. Eine Neueröffnung erfolgte am 13. Oktober 2011. Und im Kopfbau, der ehemaligen Freibank, befindet sich seit 2005 das Wirtshaus »Der Pschorr«.

Literatur:

. Katja Klementz: Der Viktualienmarkt. Mit Leib und Seele (München 2018)
. Axel Winterstein: 200 Jahre Viktualienmarkt in München. Tradition und Frische (München 2007)