Jugendstil in Schwabing
München und Darmstadt waren um 1900 die Zentren des Jugendstils in Deutschland, und in München sind mehr als die Hälfte der erhaltenen Jugendstil-Fassaden in Bogenhausen und vor allem in Schwabing zu finden.

Haimhauserstraße
Die Schule in der Haimhauserstraße 23 wurde 1897/98 nach Plänen des Architekten Theodor Fischer gebaut und am 1. Dezember 1898 in Betrieb genommen. Prunkstück ist das Jugendstil-Hauptportal mit Muschelkalk-Figuren des Bildhauers Josef Flossmann* (1862 – 1914). Die Deckenfresken im Hauptportal stellen gute und böse Kinder dar: »Trolle schlagen ein böses Kind«, »Engel belohnen ein gutes Kind«.
*) Mehr zu Josef Flossmann im Album über Kunst im öffentlichen Raum
Theodor Fischer (1862 ‒ 1938) studierte von 1880 bis 1885 bei → Friedrich von Thiersch und → Karl Hocheder Architektur an der → Technischen Hochschule München, wo er dann von 1908 bis 1928 als Professor für Baukunst wirkte. Vom Historismus seines Lehrers Friedrich Thiersch setzte er sich ab, wandte sich dem Jugendstil zu und entwickelte seinen eigenen Stil.
Das Jugendstil-Mietshaus in der Haimhauserstraße 2 wurde 1911 bezogen.

Freystraße
Das Eckhaus Frey-/Ungererstraße (Adresse: Freystraße 2) wurde 1900 mit Elementen der Deutschen Renaissance und des Jugendstils errichtet.

Erlöserkirche in Schwabing
Nach dem Vorbild der von Gabriel von Seidl gestalteten → St.-Anna-Kirche im Lehel entwarf Theodor Fischer 1897 die evangelisch-lutherische Erlöserkirche. Dabei mischte er Jugendstil und Historismus. 1900 wurde der Grundstein in Schwabing gelegt. Die Bauleitung übernahm der Architekt Georg Lindner; mit der Ausführung wurde die Firma Alois Ansprenger beauftragt. Als Bildhauer wirkte Ernst Neumeister mit, und Theodor Fischer gestaltete die verschiedenen Jugendstil-Kapitelle. Die Kirchweihe fand 1901 statt. Drei Jahre später malte Linda Kögel das Apsis-Fresko »Das Leben der Gemeinde unter dem Schutz des Erhöhten«.


Mehr zur Erlöserkirche im Album über den Stadtbezirk Schwabing-Freimann
Oskar-von-Miller- und Maximiliangymnasium
König Ludwig II. gründete 1864 in der Luisenstraße das erste (vierklassige) »Realgymnasium« in Bayern, und 1849 gründete König Maximilian II. das nach ihm benannte humanistische Gymnasium. Beide Schulen bezogen 1912 einen von Karl Hoepfel gestalteten historisierenden Neubau in Schwabing. Das Realgymnasium benannte man 1966 nach dem früheren Schüler Oskar von Miller.
Erst nach der Fertigstellung der Gebäude wurde im Pausenhof ein vermutlich von dem Bildhauer Georg Mattes (1874 – 1942) gestalteter Jugendstilbrunnen aus Kalkstein aufgestellt. Zu sehen sind Marabus mit einem Globus.


Leopoldstraße
Der Architekt Martin Dülfer wohnte von 1902 bis 1906 in dem von ihm gestalteten Jugendstil-Mietshaus in der Leopoldstraße bzw. an der Münchner Freiheit in Schwabing.






Der in Breslau geborene Architekt Martin Dülfer (1859 – 1942) schloss sein Studium 1885/86 bei → Friedrich von Thiersch an der Technischen Hochschule München ab und begann dann auch in der bayrischen Metropole mit seiner Berufstätigkeit, zunächst im Stil des Historismus. Von 1900 an wandte er sich dem Jugendstil zu. 1906 zog er nach Dresden. Martin Dülfer zählt zu den bedeutendsten Architekten dieser Stilrichtungen.
Nikolaistraße
Josef Burger baute 1905 das Wohnhaus Nikolaistraße 15 nach Plänen von Martin Dülfer im Jugendstil.
Nikolaistraße 15 (Fotos: März 2025)
Trautenwolfstraße
Otho Orlando Kurz und Eduard Herbert, die von 1908 bis 1933 in einem gemeinsamen Architekturbüro arbeiteten (»Ed. Herbert & O. O. Kurz«), gestalteten eine Reihe von Wohnhäusern in München, darunter das Gebäude Trautenwolfstraße 6 um 1910 im barockisierenden Jugendstil.

Martiusstraße
Die Martiusstraße wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts bebaut. Der Architekt Anton Hatzl, der zugleich Eigentümer war, errichtete 1906 bis 1908 an der Nordseite ein Wohnhaus-Ensemble (1 bis 7) und gegenüber (4) ein Pendant dazu. Die Häuser 6 und 8 stammen von Franz Popp. Die Fassaden im barockisierenden Jugendstil wurden im Zweiten Weltkrieg beschädigt, aber später restauriert.







Martiusstraße 7 (Fotos: Januar 2023 / März 2025)
Gedonstraße
Der Jugendstil-Häuserblock Gedonstraße 4 – 6 wurde 1904 von Martin Dülfer gestaltet.




Ohmstraße
Der Architekt Martin Dülfer gestaltete 1905 bis 1907 auch ein Jugendstil-Ensemble in der Ohmstraße 13 bis 17 einschließlich des Eckhauses (Königinstraße 85).








Konradstraße
Das Wohnhaus Konradstraße 9 im Stil der Deutschen Renaissance und mit Jugendstil-Elementen stammt aus dem Jahr 1899.


Das Besondere am Wohnhaus Konradstraße 12 ist der Seiteneingang mit einem Torwächter am Jugendstil-Portal. Die Straßenfront des im Zweiten Weltkrieg stark beschädigten Gebäudes wurde nur vereinfacht wieder aufgebaut.
Konradstraße 12: Seiteneingang (Fotos: März 2025)
1897 gründeten Paul Liebergesell (→ Liebergesellstraße) und Feodor Lehmann das Bauunternehmen Liebergesell & Lehmann in München. 1902/03 errichteten sie das Jugendstil-Wohnhaus Konradstraße 14 in Schwabing.


Konradstraße 14 (Fotos: März / April 2025)
Das Wohnhaus Konradstraße 16 wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Jugendstil errichtet, aber nach dem Zweiten Weltkrieg baute man die Straßenfront nur vereinfacht wieder auf. An der Eingangstüre sind allerdings noch Jugendstil-Formen zu sehen.
Konradstraße 16 (Fotos: März 2025)
Friedrichstraße
Das Jugendstil-Eckgebäude Friedrichstraße 3 (Ecke Konradstraße) wurde 1904 von dem Architekten Hans Thaler gestaltet.

Friedrichstraße 3 (Fotos: 2023 / März 2025)
Nach Entwürfen des Architekten Max Langheinrich baute Friedrich Trump 1903/04 das Wohnhaus in der Friedrichstraße 18, das sowohl dem Neubarock als auch dem Jugendstil zuzuordnen ist. Damals gab es pro Etage nur eine einzige Wohnung mit 16 Zimmern und separatem Dienstboten-Trakt. Später wurden die Wohnungen verkleinert, und 1990 restaurierte man das denkmalgeschützte Gebäude.

Der Bauunternehmer Friedrich Trump (1869 – 1918) errichtete in München eine Reihe von Wohnhäusern, die der Architekt Max Langheinrich (1869 – 1924) entworfen hatte. Max Langheinrich, der 1892 bis 1894 bei Friedrich von Thiersch studiert und bis 1902 für Martin Dülfer gearbeitet hatte, gehörte 1901 zu den Gründern des Kabaretts »Elf Scharfrichter«. Seine Tätigkeit als Architekt endete 1910, als er ungenutzte Grafitvorkommen im Bayerischen Wald erbte, ein Verfahren zur Verwertung entwickelte und als Industrieller ein Vermögen anhäufte. Er wohnte mit seiner Frau in einem 1910 von ihm entworfenen Haus in der Friedrichstraße 34 in Schwabing.
Zu den von Max Langheinrich im barockisierenden Jugendstil entworfenen Gebäuden gehört auch das 1904 in der Friedrichstraße 26 errichtete Wohnhaus.
Franz-Joseph-Straße
1903 bis 1905 baute der Architekt Ludwig Grothe das Jugendstil-Eckhaus in der Franz-Joseph-Straße 8 (Ecke Wilhelmstraße).


Um 1900 entstand das vom Leopoldpark aus zu sehende Rückgebäude Franz-Joseph-Straße 15/17 im barockisierenden Jugendstil.

Ferenc Nyilas (Franz Nyilas) gestaltete 1903 das Mietshaus Franz-Joseph-Straße 19, ebenfalls im Jugendstil. Wegen des Fassaden-Stuckdekors ist es auch als »Pfauenhaus« bekannt.



Franz-Joseph-Straße 19 (Fotos: März 2025)





Um 1904 gestaltete der Jugendstil-Architekt Max Langheinrich das Mietshaus Franz-Joseph-Straße 23 an der Ecke Friedrichstraße. Auffallend sind v. a. die farbigen Elemente.
Franz-Joseph-Straße 23 (Fotos: Januar 2023 / März 2025)
Das Eckhaus Max-Joseph-Straße 38 / Römerstraße wurde 1903 nach Entwürfen des Architekten Max Langheinrich im Jugendstil gebaut. Als einziges Gebäude einer ab 1889 vom Baumeister Friedrich Trump nach Entwürfen des Architekten errichteten Häusergruppe blieb es erhalten.



Ainmillerstraße
Das Jugendstil-Gebäude in der Ainmillerstraße 20 wurde 1900 von den Architekten Eugen Hönig (1873 – 1945) und Karl Söldner (1871 – 1946) gestaltet.


Ainmillerstraße 20 (Fotos: März 2025)
Das Mietshaus in der Ainmillerstraße 22 wurde 1899/1900 von Felix Schmidt gebaut. Die Fassade im klassizierenden Jugendstil hatte der Architekt Ernst Haiger (1874 – 1952) unter Mitwirkung von Henry Helbig (1872 – 1943) entworfen.



Ernst Haiger (1874 ‒ 1952 in Wiesbaden) studierte an an der Technischen Hochschule München Architektur und wurde von seinem Lehrer Friedrich von Thiersch gefördert. Um die Jahrhundertwende arbeitete er mit Henry Helbig in einem gemeinsamen Atelier zusammen. Die beiden Architekten wandten sich gegen den Historismus und experimentierten mit dem Jugendstil. Zu ihren Münchner Projekten gehörten die Wohnhäuser in der Ainmillerstraße 22 (1899) und Römerstraße 11 (1899) in Schwabing sowie das Palais Freyberg am Karolinenplatz 5a (1902). Bald darauf wandte sich Ernst Haiger vom Jugendstil ab, und die beiden Architekten gaben ihr gemeinsames Atelier auf.
Jugendstil in Schwabing: Die Häuser mit den Adressen Ainmillerstraße 33 bzw. 40 wurden um 1900 errichtet. Bei Hausnummer 40 fällt auf, dass kaum ein Fenster dem anderen gleicht.



Römerstraße
Die Architekten Ernst Haiger und Henry Helbig entwarfen für den Bauunternehmer Felix Schmidt auch das Mehrfamilienhaus Römerstraße 11 im klassizierenden Jugendstil. Auf den horizontal gespiegelten Sandsteinreliefs sind das »Urteil des Paris« und der daraus folgende Beginn des Trojanischen Kriegs dargestellt.








Die Fassade des Nachbarhauses (Römerstraße 13) war kongenial. Aber das Jugendstil-Gebäude riss man 1966 ab, um Platz für einen Neubau zu schaffen.
Eugen Hönig (1873 – 1945) machte sich nach dem Architektur-Studium selbstständig und arbeitete zunächst mit seinem Kollegen Karl Söldner zusammen, zum Beispiel beim Mehrfamilienhaus Römerstraße 15 in Schwabing, das 1900 nach ihren Entwürfen von Felix Schmidt gebaut wurde. Das Jugendstil-Gebäude wird inzwischen von der 2004 gegründeten ERES-Stiftung genutzt, die sich als Plattform für den Dialog von Naturwissenschaften und Kunst versteht.
Hohenzollernstraße
Der Jugendstil-Architekt Franz Popp entwarf das 1905/06 gebaute Mietshaus in der Hohenzollernstraße 25.



Der in Budapest geborene Architekt Franz Popp (1870 ‒ 1928), der in seiner Geburtsstadt studiert hatte, kam 1900 nach München und gestaltete hier drei Dutzend Mietshäuser im Jugendstil.
Kaiserstraße
Rosa Barbist gestaltete 1896 das Wohnhaus Kaiserstraße 2 im barockisierenden Jugendstil.
Von der Architektin Rosa Barbist wissen wir nur, dass sie in dem von Alois Barbist (1852 – 1905) geführten Bautechnischen Büro »Rosa Barbist« beschäftigt war, das zahlreiche Häuser in München errichtete.
Beim Bau der Villa Kaiserstraße 14 mischte Eugen Drollinger 1902/03 Formen der Deutschen Renaissance und des Jugendstils.


Über die Baugeschichte des Wohnhauses Kaiserstraße 29 ist nichts weiter bekannt. Der Jugendstil deutet auf eine Entstehung um 1900 hin.
Um 1900 entstand auch das Mietshaus Kaiserstraße 33.

Herzogstraße
Das Mietshaus-Ensemble Herzogstraße 62/64 wurde 1911 von Max Deschl mit Attributen des späten Jugendstils errichtet.

Belgradstraße
Johann Lang baute 1898/99 das Ensemble der Mietshäuser Belgradstraße 22/24 mit Jugendstil-Stuck und zur gleichen Zeit mit Paul Dietze das Mietshaus Belgradstraße 26 im Stil der Deutschen Renaissance.
Belgradstraße 22 / 26 (Fotos: November 2024)
Isabellastraße
Die Architekten Heinrich Stengel und Paul Hofer schufen mehrere Gebäude in München, darunter auch um 1909 das Mietshaus Isabellastraße 20 im späten Jugendstil.

Der Architekt Hermann Wentzel gestaltete 1907/08 das Jugendstil-Gebäude Isabellastraße 22.




Isabellastraße 22 (Fotos: Januar 2023 / März 2025)
Der Architekt Max Langheinrich gestaltete das Mietshaus Isabellastraße 25 (Ecke Agnesstraße) 1907 mit Jugendstil-Elementen.

Georgenstraße
Der Architekt Konrad Böhm gestaltete 1906/07 das Mietshaus Georgenstraße 98 im barockisierenden Jugendstil.
Georgenstraße 98 (Fotos: März 2025)
Tengstraße
Das Mietshaus in der Tengstraße 14 (Ecke Georgenstraße) wurde 1906 von Konrad Böhm im historisierenden Stil, aber auch mit Jugendstil-Elementen gestaltet.

Das von 1908 bis 1933 bestehende gemeinsame Architektenbüro von Eduard Herbert und Otho Orlando Kurz
(»Ed. Herbert & O. O. Kurz«) gestaltete 1911/12 die Mietshäuser Tengstraße 22, 24 und 26 im klassizierenden Jugendstil. Sie bauten beispielsweise auch in der → Trautenwolfstraße.
Tengstraße 22 / 26 (Fotos: März 2025)
Das Jugendstil-Wohnhaus Tengstraße 27 wurde 1911/12 nach Plänen von Franz Popp mit einer Fassade von Wilhelm Borchert gebaut.

Otho Orlando Kurz und Eduard Herbert waren auch die Architekten des 1909 im späten Jugendstil gebauten Mietshauses Tengstraße 43. ‒ Franz Popp entwarf das 1909/10 gebaute Mietshaus Tengstraße 45, ebenfalls im späten Jugendstil.
Tengstraße 43 / 45 (Fotos: März 2025)
Elisabethstraße
Johann Wacker errichtete 1907 das Jugendstil-Eckhaus Elisabethstraße 7 (Ecke Isabellastraße).

Zu den zahlreichen von Franz Popp (1870 – 1928) gestalteten Jugendstil-Mietshäusern in München gehören auch die 1907/08 in der Elisabethstraße 13, 16 und 25 gebauten.
Elisabethstraße 16 (Fotos: Januar 2023)
Von Jakob Wacker stammt auch das Eckhaus Elisabethstraße 30 (Ecke Tengstraße) im barockisierenden Jugendstil.
Elisabethstraße 30 (Fotos: März 2025)
Der Architekt Jakob Bender baute 1907 die beiden Wohnhäuser Elisabethstraße 34 und 36 im Jugendstil. ‒ Die Architekten Heinrich Stengel und Paul Hofer errichteten 1908 das Jugendstil-Eckhaus Elisabethstraße 44 (Ecke Hiltenspergerstraße).




Bauerstraße
Das Gebäude Bauerstraße 22 (Ecke Jakob-Klar-Straße) wurde 1908 fertiggestellt.

Franz Popp gestaltete 1910 das Eckhaus Bauerstraße 34 (Ecke Ansbacher Straße), und zu Beginn des 20. Jahrhunderts war auch das Nachbarhaus Bauerstraße 36 entstanden.


Der Architekt Karl Fendt gestaltete 1910/11 die Mietshausgruppe Bauerstraße 38a/40 im Jugendstil.
Bauerstraße 40 / 38a (Fotos: März 2025 / April 2024)

