Münchner Weißwurst
Herstellung
Bei einer Münchner Weißwurst (Münchener Weißwurst) handelt es sich um eine Spezialität aus Kalb- und Schweinefleisch. Die Weißwurst ist etwa 70 bis 100 Gramm schwer, 8 bis 12 Zentimeter lang, und der Durchmesser beträgt um die 3 Zentimeter. Der Plural von Weißwurst lautet nicht Weißwürstel, sondern Weißwürste, und anders als etwa Schweinswürstel kauft bzw. serviert man Weißwürste nicht paar- sondern stückweise.
Traditionsgemäß werden Weißwürste am frühen Morgen hergestellt. Zuerst produziert der Metzger ein gesalzenes, mit Eisschnee vermischtes Brät aus magerem Kalb- und Schweinefleisch oder nur aus Kalbfleisch. (Auf jeden Fall muss der Anteil des Kalbfleisches höher als der des Schweinefleisches sein.) Dann zerkleinert er gekochte Schweineschwarten, ausgelöste Kalbskopfteile, Haut und Bindegewebe im Cutter und knetet die Masse. Dieses Häutelwerk ist in einer Münchner Weißwurst auf höchstens 10 Prozent der Wurstmasse begrenzt. Wenn es eine fast schaumige Konsistenz angenommen hat, gibt der Metzger zuerst das vorbereitete Brät dazu – zwischendurch wieder Eisschnee – und schließlich auch noch Salz, klein gehackte Zwiebeln, frisch gezupfte Petersilie, Zitronenschale, Pfeffer, Muskatblüte und Gewürze nach eigenem Rezept. Am Ende wird die Wurstmasse, deren Fettgehalt nicht höher als 30 Prozent sein darf, durch eine Wurstspritze in Schweinedärme gefüllt.
Erfindung der Weißwurst
Einer Legende zufolge wurde die Münchner Weißwurst am 22. Februar 1857 im Gasthaus »Zum Ewigen Licht« am Marienplatz von dem 36-jährigen Wirtsmetzger Joseph Moser (Moser Sepp) durch Zufall erfunden. Als ihm nämlich die Saitlinge für seine Kalbsbratwürstel ausgingen, füllte er das Brät in Schweinedärme und brühte die Würste wie die Bratwürstel in heißem Wasser, verzichtete aber auf das Braten, weil er befürchtete, dass sie dabei platzen würden.
Der Münchner Stadtarchivar Richard Bauer glaubt allerdings, dass es die Münchner Weißwurst nicht erst seit 1857 gibt: Er nimmt an, dass es sich bei der Weißwurst um eine Weiterentwicklung der sehr viel älteren Maibockwurst handelt.
Der Umgang mit der Weißwurst
Ende des 20. Jahrhunderts soll es noch 1600 Wirte und Metzger in München gegeben haben, die ihre eigenen Weißwürste herstellten. Inzwischen sind kesselfrische Weißwürste eine Seltenheit. Die meisten Wirte beziehen die Weißwürste von Großmetzgereien.
Eine wirklich gute Weißwurst wird vom Wirt frühmorgens selbst gemacht. Erst nach der Bestellung lässt man die Weißwürste in der Küche im heißen Wasser ziehen, und sobald sie heiß sind, kommen sie in einer mit heißem Wasser gefüllten Terrine auf den Tisch.
Weil rohe Weißwürste rasch verderben, gilt die Regel, dass eine Weißwurst das Zwölf-Uhr-Läuten nicht erleben darf. Weißwürste werden beim so genannten Weißwurstfrühstück gegessen, und zwar ohne Haut und mit einem speziellen süßen Senf (Weißwurstsenf). Dazu gibt es Brez’n und Weißbier.
Wie man das Brät aus der Haut lösen sollte, ist umstritten. Manche halten es für besonders traditionsbewusst, die Wurst in die Hand zu nehmen und das Brät aus dem Schweinedarm zu saugen (»zuzeln«). Appetitlicher ist das Essen mit Messer und Gabel. Beispielsweise ritzt man die straff gespannte Haut auf der konkaven Seite der Wurst der Länge nach ein und schält das Brät heraus. Wenn man die Weißwurst erst einmal in der Mitte durchschneidet (sie also in der Länge halbiert), fällt das Aufritzen und Herausschälen leichter. Könner schwören auf den »Kreuzschnitt«. Sie schneiden die Weißwurst schräg an und nehmen durch eine Drehbewegung mit der Gabel ein mundgerechtes Stück Brät auf. Drei oder vier solcher »Operationen« sind erforderlich, um eine Weißwurst zu verspeisen.


Im Süden der Großmarkthalle in Sendling steht das 1911 nach Plänen von Richard Schachner im Heimatstil errichtete denkmalgeschützte Gebäude der Gaststätte Großmarkthalle (Kochelseestraße 13). Die Wirtsleute Ludwig Wallner und Gabi Walter sind nicht zuletzt für ihre kesselfrischen Weißwürste bekannt.
Weil es das Bundespatentgericht am 17. Februar 2009 ablehnte, die Herkunft der Münchner Weißwurst auf die bayrische Landeshauptstadt zu begrenzen, stammt ein Großteil der »Münchner Weißwürste« inzwischen aus anderen Gegenden. Und verkauft werden sie auch nördlich des »Weißwurst-Äquators«.
Literatur:
. Josef Blaumeiser, Hannes Burger: Die Weißwurst, wie sie leibt und lebt. Eine Münchner Philosophie (München / Zürich 1981)
. Barbara Fuhrmann: 150 Jahre Münchner Weißwurst. Geschichten und Empfehlungen (München 2007)
. Peter M. Lill, Ludwig Margraf: Mythos Weißwurst (München 1999)
. Dominik Seifert und Christoph Rudholzner: Das Weißwurst ABC (Trostberg an der Alz 2012)
. Werner Siegert: Der kleine aber absolut unentbehrliche Weißwurst-Knigge (München 2003)
