Münchner Residenz
Die Münchner Residenz war von 1508 bis 1918 Sitz der Herzöge, Kurfürsten und Könige von Bayern aus dem Haus Wittelsbach. In dieser Zeit wurde sie schrittweise von den Architekten Friedrich Sustris, Joseph Effner, François de Cuvilliés d. Ä. und Leo von Klenze ausgebaut und weist nun Stilmerkmale von Renaissance, Barock, Rokoko und Klassizismus auf. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Residenz zerstört, aber danach unter der Leitung von Otto Meitinger wiederaufgebaut. Heute gilt die Münchner Residenz als größtes Stadtschloss in Deutschland.

Fassaden der Münchner Residenz
Festsaalbau
Leo von Klenze errichtete 1832 bis 1842 für König Ludwig I. den klassizistischen Festsaalbau als nördlichen Abschluss der Residenz zum Hofgarten. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurden die Festsäle nicht wieder aufgebaut. Stattdessen entstand 1951 bis 1953 ein monumental-neuklassizistischer Konzertsaal als Ersatz für das ebenfalls zerstörte → Odeon (das hinter der historischen Fassade zum bayrischen Innenministerium umfunktioniert wurde). Die Pläne für den nach dem Thema von Wandteppichen »Herkulessaal« benannten Konzertsaal stammten von Felix Finkbeiner. (Der ursprüngliche Herkulessaal wurde nach dem Wiederaufbau 1959 in Max-Joseph-Saal umbenannt.)





Figuren am Festsaalbau (Fotos: September 2023)


Westfassade
Die Wittelsbacher verehrten die Gottesmutter. Herzog Maximilian I. ließ 1610 eine Medaille prägen, die Maria als Schutzherrin der Stadt München darstellte, und 1616 proklamierte er sie mit einer überlebensgroßen Bronzestatue an der Residenz zur offiziellen Schutzheiligen Bayerns (»Patrona Boiariae«).



Über dem Portal zum Kaiserhof sehen wir Bronzestatuen von Prudentia und Iustitia. Durch ein weiteres, ebenfalls von zwei Löwen flankiertes Portal in der Residenzstraße betritt man den schmalen, nach der 1603 bis 1630 gebauten Hofkapelle benannten Residenzhof (Kapellenhof).



Die vier Löwen an den Portalen zum Kaiser- und zum Kapellenhof wurden vor 1596 von den niederländischen Künstlern Hubert Gerhard und Carlo Pallago gestaltet, und zwar für ein von Herzog Wilhelm V. geplantes Grabmal in der → Michaelskirche, das jedoch nie realisiert wurde. Sein Sohn Maximilian I. ließ die Löwenfiguren stattdessen um 1616 an der Residenz aufstellen und dabei die heraldischen Wappenschilde durch neue, von Hans Krumper entworfene ersetzen, die nun die herrschaftlichen Tugenden Klugheit, Stärke, Gerechtigkeit und Mäßigkeit herausstellen. (Inzwischen handelt es sich bei den Bronzefiguren um Abgüsse. Die Originale befinden sich im Residenzmuseum.)
Kronprinz-Rupprecht-Brunnen
Rupprecht von Bayern (1869 – 1955) war der letzte bayrische Kronprinz. Der Bildhauer Bernhard Bleeker (1881 – 1968) schuf 1961 den Kronprinz-Rupprecht-Brunnen, der noch im selben Jahr östlich der Residenz aufgestellt wurde. Justitia hält eine Waage in der rechten und Pallas Athene in der linken Hand.
Kabinettsgarten
Ein Mitte des 19. Jahrhunderts östlich der Residenz angelegter Hof verwilderte im 20. Jahrhundert. 2002/03 gestaltete der Landschaftsarchitekt Peter Kluska (1938 – 2020) den Kabinettsgarten neu.
Dort wurde 2003 eine 1971 von Fritz Koenig (1924 – 2017) geschaffene »Säulenkaryatide« enthüllt. Bei seiner Bronzefigur »Flora III« geht es um Natur und Abstraktum, Stamm und Knospe, Ruhe und Balance.
Weltberühmt wurde der Bildhauer Fritz Koenig durch die »Große Kugelkaryatide N. Y.« bzw. »The Sphere«. Die größte Bronzeskulptur der Neuzeit stand ab 1971 auf dem Vorplatz des World Trade Center in New York City. Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 fand man in der aufgerissenen Plastik Trümmerteile eines der Flugzeuge, die die Twin Towers zum Einsturz gebracht hatten. Seit 2002 ist »The Sphere« – jetzt auch »9/11« – ein Mahnmal.


Residenz-Höfe
Apothekenhof
Bei der Anlage neuer Trakte durch Leo von Klenze ab 1832 entstand im Nordosten des Residenzareals ein Innenhof, der seinen Namen von der angrenzenden Hofapotheke erhielt. Heute befindet sich in den Räumen der ehemaligen Hofapotheke das Cuvilliés-Theater.

Kaiserhof
Herzog Maximilian I. ließ 1612 bis 1616 die Trakte um den Kaiserhof errichten, der damals nur zu wichtigen Zeremonien geöffnet wurde.


Grottenhof
Der deutsch-niederländische Maler, Dekorateur und Architekt Friedrich Sustris baute 1581 bis 1589 für Herzog Wilhelm V. einen Sommerpalast mit Gartenhof. An der westlichen Außenwand des benachbarten Antiquariums legte er eine manieristische Grotte mit Brunnen aus Tuff, Muscheln und anderen Materialien an. Darauf geht die Bezeichnung Grottenhof zurück. An zentraler Stelle schwebt ein zwei Meter großer Merkur aus feuervergoldeter Bronze. Die Figur wurde 1587 von Carlo di Cesare del Palagio geschaffen.
Auf dem Schalenbrunnen im Grottenhof der Münchner Residenz präsentiert Perseus das abgeschlagene Haupt der Medusa nach dem Vorbild einer von Benvenuto Cellini geschaffenen, 1554 in der Loggia dei Lanzi in Florenz aufgestellten Figur. Hubert Gerhard modellierte die Renaissance-Statue um 1585 bis 1590 für Herzog Wilhelm V. nach einem Vorentwurf von Friedrich Sustris, und Bartel Wenglein goss sie in Bronze. 2003 brachte man das Original der Figur ins Innere der Residenz und ersetzte sie im Freien durch einen Abguss.



Brunnenhof
Nordöstlich des 1568 bis 1571 für Herzog Albrecht V. gebauten Antiquariums ließ Herzog Maximilian I. einen achtseitigen Residenzhof anlegen. 1608 kam er in den Besitz eines Brunnens am Rindermarkt. Den ließ er in den Residenzhof bringen und dabei von den Bildhauern Hans Krumpper und Hubert Gerhard 1611 bis 1623 neu gestalteten. Die Hauptfigur des Herzogs Otto I. von Wittelsbach war bereits 1593 gegossen worden. Der monumentale Wittelsbacher Brunnen in der Münchner Residenz (nicht zu verwechseln mit dem → Wittelsbacher Brunnen am Lenbachplatz) ist einer der ältesten Brunnen in München. Im 17. Jahrhundert fanden im Brunnenhof höfische Turnierfeste statt. Die Figuren wurden in den Achtzigerjahren durch Abgüsse ersetzt.






Königsbauhof
Als Leo von Klenze 1826 bis 1835 den Königsbau der Residenz für Ludwig I. errichtete, entstand anstelle einer älteren Grünanlage der Königsbauhof. Im Osten wird er von der Grünen Galerie (François Cuvilliés, 1731 – 1733) begrenzt.
Im Zentrum des Residenzhofs steht seit 2018 eine im frühen 17. Jahrhundert vom Bildhauer Georg Petel nach Vorbildern von Peter Paul Rubens gestaltete und 1629/30 in Augsburg gegossene Bronzefigur des griechischen Meeresgottes Neptun. Die beiden Satyrn wurden um 1580 von dem Bildhauer und Bronzegießer Carlo di Cesare del Palagio geschaffen. Die Putten fertigte man um 1603 für den Residenzgarten an. Bei den Figuren im Königsbauhof handelt es sich allerdings inzwischen um Kopien. Die Originale befinden sich in den Bronzesälen der Residenz.


Akademie der Schönen Künste
Von der Akademie der Schönen Künste im Königsbau blickt man auf die Theatinerkirche ebenso wie den Turm der Residenz zwischen Kaiser-, Apotheker- und Brunnenhof.
Ausblick von der Akademie der Schönen Künste (Fotos: September 2024)
Die Bayerische Akademie der Schönen Künste wurde 1948 als Nachfolgeorganisation der Königlichen Akademie der Künste zu München gegründet. Dabei handelt es sich um eine Vereinigung namhafter Persönlichkeiten, deren Ziel es ist, die Kunst zu pflegen. Gegliedert ist die Akademie in fünf Abteilungen: Literatur, Musik, Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Film- und Medienkunst. Bis 1968 befand sich die Akademie der Schönen Künste im → Prinz-Carl-Palais. Seit 1972 ist sie im Königsbau der Münchner Residenz am → Max-Joseph-Platz zu finden.


Vom 12. September bis 26. Oktober 2024 war in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste die Doppelausstellung »Objektiv Wabe« zu sehen. Michael Heinrich hatte von Andreas Hild entworfene Bauten in München mit einer Lochkamera abgelichtet, und drei Exponate im Ovalen Saal thematisierten das von Peter Haimerl entwickelte Wohnmodell der Wabe.

Cuvilliés-Theater
Comité-Hof
Nachdem ein Feuer im März 1750 das Residenztheater zerstört hatte, ließ Kurfürst Maximilian III. Joseph 1751 bis 1753 von François de Cuvilliés dem Älteren und dessen Schüler Karl Albert von Lespilliez ein neues Theater bauen, das von den Bildhauern Johann Baptist Straub, Anton Pichler und Joachim Dietrich kunstvoll ausgestattet wurde. Ab 1795 durften auch Bürger der Stadt München die Opernaufführungen im Residenztheater besuchen. König Ludwig I. ließ die Innenausstattung des Cuvilliés-Theaters entfernen, aber sein Nachfolger Maximilian II. Joseph gab die Restaurierung des Gebäudes in Auftrag, und 1857 konnte es wiedereröffnet werden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand 1949 bis 1951 auf den Grundmauern des alten Residenztheaters im Nordosten des Max-Joseph-Platzes ein neues.
Weil die aus Holz bestehenden Teile des Cuvilliés-Theaters kurz vor der Zerstörung der Gebäude durch Luftangriffe ausgelagert worden waren, konnte 1956 bis 1958 ein Wiederaufbau erfolgen, und zwar im Apothekenstock der Residenz nach einem Konzept des Architekten Rudolf Esterer und unter Leitung von Otto Meitinger. Von 2004 bis 2008 sanierte man das Theater und modernisierte die Bühnentechnik. Während der Sanierung gestaltete man den 1958 angelegten Zierhof zwischen Apothekenstock und Brunnenhof zum Foyer um und überdachte den »Comité-Hof« mit Glas.


Theatersaal


Allerheiligen-Hofkirche
Die neuromanische Allerheiligen-Hofkirche wurde 1826 bis 1837 von Leo von Klenze im Auftrag des Kronprinzen Ludwig errichtet, der dabei die im 12. Jahrhundert im normannisch-sizilianischen Romanikstil erbaute, von ihm 1823 besuchte Cappella Palatina von Palermo im Sinn hatte. Das 1944 schwer beschädigte Gebäude sollte in den Sechzigerjahren abgerissen werden, aber in den Siebzigerjahren versuchte Hans Döllgast, die Ruine zu konservieren. In den Achtzigerjahren wurden die Kuppeln und die Fassade rekonstruiert, und von 2000 bis 2003 baute man das Innere so aus, dass die Hofkirche nun für Festakte und Konzerte genutzt werden kann.





Alben über das Residenz-Museum und die Schatzkammer der Residenz (privat)