München: Residenz-Schatzkammer

Die Schatzkammer

1565 ordnete Herzog Albrecht V. (1528 – 1579) an, dass Kleinode des Hauses Wittelsbach einen unveräußerlichen Schatz bilden sollten. Seine Nachfolger erweiterten die Sammlung im Lauf der Jahrhunderte, und Kurfürst Karl Theodor (1724 – 1799) ergänzte sie um den »Pfälzer Schatz«. Seit dem frühen 17. Jahrhundert kamen auch sakrale Kunstwerke dazu. 1958 wurde die Schatzkammer der Münchner Residenz in zehn Räumen im ehemaligen Küchentrakt des Königsbaus neu eröffnet. Sie gehört neben den Pretiosensammlungen in Wien und Dresden zu den bedeutendsten Sammlungen der Welt.

Räume 1 und 2: Spätantike, Mittelalter, Spätgotik, Renaissance

Im Raum 1 (»Spätantike, Mittelalter«) sind beispielsweise folgende Exponate zu besichtigen: der sog. Heinrichskelch, ein um 1000 angefertigtes Bergkristallgefäß mit einer Fassung aus dem 12. Jahrhundert, ein Kreuz der Königin Gisela von Bayern und Ungarn (um 1006), ein Kreuzreliquiar Kaiser Heinrichs II. (um 1010), die sog. Krone Kaiser Heinrichs II. (um 1270 – 1280) und die Krone einer englischen Königin aus dem 14. Jahrhundert (um 1370 bis 1380). Im Raum 2 (»Spätgotik, Renaissance«) befindet sich eine um 1520 von dem italienischen Medailleur und Gemmenschneider Valerio Belli (um 1468 – 1546) gestaltete Platte.

Raum 3: Sankt Georg

Die Statuette des Ritters St. Georg wurde zwischen 1586 und 1597 als Reliquiar für eine St. Georgs-Reliquie angefertigt, die Erzbischof Ernst von Köln seinem Bruder Herzog Wilhelm V. von Bayern nach München schickte. Der Entwurf für das Reiterstandbild des Drachentöters aus Gold, Silber, Email, Achat und Bergkristall, Perlen und Edelsteinen stammt vermutlich von dem deutsch-niederländischen Maler, Dekorateur und Architekten Friedrich Sustris (1540 – 1599). Den Sockel gestaltete Stephan Hoetzer 1638 bis 1641, möglicherweise nach einem Entwurf von Hans Krumper.

Die ebenfalls in Raum 3 ausgestellte Prunkkette aus Oberitalien wurde zwischen 1565 und 1579 von Herzog Albrecht V. und seiner Gemahlin Anna von Österreich der Schatzkammer übergeben. Die bayrischen Könige trugen sie im 19. Jahrhundert bei den Festen des Sankt Georgs-Ritterordens.

Raum 4: Kirchliche Kunst

Beispiele kirchlicher Kunst (Raum 4) sind der um 1573/74 in Augsburg gestaltete Hausaltar Herzog Albrechts V. aus Ebenholz mit Golddekor, Reliefs und vollplastischen Figuren, eine Strahlenmonstranz aus der Zeit um 1600 aus Gold und Bergkristall, sowie das 1631 von Christoph Angermair geschnitzte Elfenbeinrelief »Golgatha«.

Hausaltar Herzog Albrechts V.
Hausaltar Herzog Albrechts V. (Foto: Mai 2023)
Strahlenmonstranz
Schatzkammer der Residenz

Strahlenmonstranz / Elfenbeinrelief »Golgatha« (Fotos: Mai 2023)

Raum 5: Insignien und Orden

Im Raum 5 werden Insignien und Orden ausgestellt. Im Zentrum befindet sich eine Vitrine mit den 1806/07 in Paris angefertigten Insignien des Königreichs Bayern.

Kurfürst Maximilian IV. Joseph wurde am 1. Januar 1806 in München zum König Maximilian I. Joseph proklamiert. Am 3. März 1806 erhielt der Frankfurter Juwelier Frères Borgnis den Auftrag, die Herstellung der Kroninsignien in Paris zu organisieren. Die Entwürfe werden dem Architekten Charles Percier zugeschrieben. Der Goldschmied Martin Guillaume Biennais fertigte 1806 in Paris die Krone des Königreichs Bayern an. Die Könige trugen sie zwar nicht, aber bei ihrer Inthronisierung und bei königlichen Begräbnissen wurde sie präsentiert. Angeliefert wurden die Kroninsignien am 2. März 1807.

Raum 6: Bergkristall

Die nach zwei biblischen Szenen des eingeschnittenen Figurenfrieses am Gefäßkörper benannte Josephs-Kanne aus Bergkristall entstand um 1575 in der Werkstatt der Künstlerfamilie Sarachi in Mailand nach einer kolorierten Federzeichnung von Annibale Fontana. Die Bacchus-Bergkristallvase in Amphorenform wurde um 1579 in der Werkstatt von Giovanni Ambrogio Miseroni in Mailand geschaffen. Das eingeschnittene Figurenfries am Gefäßkörper zeigt den Triumphzug des Bacchus in einem von zwei Pferden gezogenen Wagen, begleitet von Mänaden, Satyrn, Eroten und Böcken, nach einem Stich von Étienne Delaune. Bekrönt ist die Kanne mit einer Neptunfigur aus ziseliertem Goldguss.

1642 heiratete Anna Katharina Konstanze Wasa, die Tochter des polnischen Königs Sigismund III. Wasa, Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg. Durch sie gelangte das um 1600 vermutlich in Mailand hergestellte Bergkristall-Becken in den Besitz der Wittelsbacher. Herzog Johann Friedrich von Württemberg erwarb 1615 von dem Händler Prospero Lombardi das Becken aus 17 Bergkristall-Teilen aus der Werkstatt der Miseroni in Mailand.

Räume 7/8: Steinschneide- bzw. Goldschmiedekunst

Die Räume 7 und 8 der Schatzkammer sind der Steinschneide- bzw. Goldschmiedekunst gewidmet.

Der Pokal mit einem Turbanschnecken-Gehäuse als Gefäßkörper wurde 1650 bis 1657 in Nürnberg von Hans Clauß gestaltet. Als Schaft dient eine Statuette der Jagdgöttin Diana. Bei einem anderen Pokal dient ein Nautilus-Gehäuse (Perlboot) als Gefäßkörper. Es ist mittels einer Fassung aus durchbrochenem, vergoldetem Silber als Vogel mit aufgestellten Flügeln gestaltet, wobei die Schwanzfedern als Ausguss ausgeformt sind. Den Fuß des Pokals bilden zwei Vogelfüße mit Krallen auf einem runden, zweifach gestuften Sockel. Der Kredenzteller besteht aus 13 radial angeordneten, zungenförmigen Elementen von durchbrochenem Ranken- und Tierdekor. Die Garnitur wurde um 1620 für den »Winterkönig« Friedrich V. von der Pfalz angefertigt.

Kurfürst Maximilian II. Emanuel erwarb die Kredenzschale aus Nephrit, Gold und Email entstand vermutlich um 1706 bei dem Händler Laurant Danet in Paris.

Raum 9: Barock, Rokoko, Klassizismus

Der um 1580 bis 1590 in Augsburg geschaffene, mit Rubinen, Smaragden und Perlen verzierte Deckelpokal aus Bergkristall, Gold und Email wird Ulrich Eberl zugeschrieben.

Die Kanne aus vergoldetem Silber dürfte um 1610 bis 1620 entstanden sein. Sie gehörte zum Brautschatz von Anna Katharina Konstanze Wasa, der Tochter des polnischen Königs Sigismund III. Wasa.

Das um 1585 bis 1590 gestaltete Becken aus vergoldetem Silber könnte von Cornelius Erb und Andreas Attemstett sein. Dargestellt ist eine Szene (Deukalionische Flut) aus den Metamorphosen des Ovid.

In das silberne, teilweise vergoldete Becken sind fünf Hochreliefs aus Elfenbein eingesetzt, die Liebespaare aus der antiken Mythologie darstellen. Das Kleinod entstand vermutlich Mitte des 17. Jahrhunderts in Augsburg.

Das Laufwerk der um 1670 von Theodor Menth in Augsburg gestalteten Tischuhr befindet sich in dem Sockel mit sechs dreilappigen Füßen. Der Sockel ist mit zwölf Muschelschnitten mit Tierdarstellungen besetzt. Ein emaillierter, doppelköpfiger Reichsadler krönt die Uhr.

Der Zierschild entstand um 1695 bis 1700 in Augsburg. Georg Sigmund Kohler fertigte den Rahmen, Johann Andreas Thelott gestaltete die Reliefs, und die Emailmalerei wird dem Meister des sogenannten Cäsaren-Services zugeschrieben.

Nikolaus Fischer fertigte um 1651 bis 1654 in Augsburg die Kassette an.

Das zentrale Relief der von Antoni I Grill um 1685 in Augsburg geschaffenen Prunkplatte stammt von dem Zeichner, Goldschmied und Kupferstecher Johann Andreas Thelott in Augsburg. Es zeigt Götter im Olymp. Auf den Medaillons sind Liebespaare der antiken Mythologie dargestellt.

Schatzkammer der Residenz
Schatzkammer der Residenz

Statuetten, um 1710 (Fotos: Mai 2023)

Schatzkammer der Residenz

Raum 10: Exotica

Das Ensemble von Trinkgeschirr und Kredenzteller wurde aus verschiedenen Bestandteilen kompiliert. Die chinesische Becherschale aus Rhinozeroshorn stammt aus der späten Ming-Dynastie (1368 – 1643). Die goldene, mehrfarbig emaillierte, mit Diamanten und Rubinen besetzte Fassung, welche die Schale trägt, entstand um 1570 bis 1580 in Süddeutschland. Der Fuß des Trinkgeschirrs aus Rhinozeroshorn mit farbig emaillierter Fassung wurde zusammen mit der Kredenz angefertigt.

Der Gefäßkörper der Porzellankanne stammt aus der Zeit des Ch’ing-Kaisers K’ang Hsi (1662 – 1722), der aufklappbare Deckel und die Fassung könnten um 1730 in Paris hinzugefügt worden sein. Als Deckelknauf dient die Goldfigur eines farbig emaillierten Laubfrosches.

Mit freundlicher Genehmigung der Bayerischen Schlösserverwaltung